Beratungspraxis: Haftungsfragen im Verein

Wie verändert sich die Haftung für ehrenamtliche Vorstandsmitglieder, wenn diese als Anerkennung für ihre Tätigkeit eine Freiwilligenpauschale erhalten? Welche Verantwortung übernehmen Rechnungsprüfer*innen? Wie wirkt sich die Entlastung des Vorstandes auf die Haftung aus? Wer kommt für Steuerschulden auf? Antworten auf häufige Fragen zum Thema Haftung und typische Problemstellungen aus dem Vereinsalltag aus unserer Beratungspraxis.

Beratungspraxis Haftungsfragen

Wichtiger Hinweis: Die folgende Sammlung ist eine Ergänzung zum Beitrag Rechtsauskunft: Haftungsfragen im Verein, die häufige Fragen aus der IG Kultur Beratungspraxis nochmals aufgreift und kurz beantwortet. Zur Beurteilung eines konkreten Einzelfalls sind – wie bei allen Rechtsfragen – die konkreten Umstände des Einzelfalls entscheidend. Die folgende Zusammenstellung bietet lediglich eine erste Orientierung, ersetzt jedoch nicht die Konsultation einer Rechtsberatung.
 

Haftungsfragen aus der Beratungspraxis: 
 

Wirkt sich die Freiwilligenpauschale auf die Haftung ehrenamtlicher Vorstandsmitglieder aus? 

Ja! Erhalten ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder eine Freiwilligenpauschale für ihre Vorstandstätigkeit, greift die Haftungserleichterung nicht, da diese nur für unentgeltlich tätige Personen gilt. Entgelt ist Entgelt, auch die Freiwilligenpauschale ist ein Entgelt. Das heißt, wenn nichts anders vereinbart wurde (etwa in den Statuten), haften Vorstandsmitglieder bereits bei leichter Fahrlässigkeit und nicht erst bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz.

Das wurde im Verein aber schon immer so gemacht… Wie wirkt sich die Entlastung des Vorstands aus? 

Auch hier gilt das alte Sprichwort: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Bestehen Zweifel an der bisherigen Praxis, so zählt es zur Sorgfaltspflicht der Vorstandsmitglieder rechtlichen Rat einzuholen. Werden diese Zweifel nicht von allen Vorstandsmitgliedern geteilt, empfiehlt sich dies im Protokoll festzuhalten und einen Beschluss über die Angelegenheit im Vorstand zu fassen. Übrigens: die Entlastung des Vorstandes durch die Mitgliederversammlung entlastet diesen nur für jene Sachverhalte, die der Mitgliederversammlung auch bekannt waren!

Steuerabgaben sind auf Grund fehlender Mittel nicht zahlbar. Sind in diesem Falle vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder persönlich haftbar?

Nein, grundsätzlich sind vertetungsbefugte Vorstandsmitglieder nicht persönlich haftbar, wenn der Verein zu wenig Geld zur Deckung der Steuerabgaben hat. ABER: Liegt eine eindeutige Pflichtverletzung der vertretungsbefugten Personen, wie Chaos im Rechnungswesen oder im operativen Handeln wird gemeinnützig agiert, obwohl der Verein laut Statuten nicht gemeinnützig ist, dann haften die vertretungsbefugten Personen auch persönlich. Vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder haben die Pflicht sich über die Satzung des Vereins zu informieren und entsprechend zu handeln. 

Sind alle Vorstandsmitglieder persönlich haftbar?

Nein, grundsätzlich sind nur die vertretungsbefugten Personen im Verein persönlich haftbar, außer es wurde eine verantwortliche Person für einen bestimmten Bereich beauftragt. Dann ist diese Person für diesen Bereich haftbar.

Haftet die Geschäftsführung zu gleichen Teilen wie vertretungsbefugte Vorstandsmitglieder?

Relevant ist hier was in den Statuten steht. Grundsätzlich haften die organschaftlichen Vertreter*innen. Das heißt: Wenn die Statuten regeln, dass die Geschäftsführung ebenso ein*e organschaftliche*r Vertreter*in ist, dann haftet diese*r gleichermaßen. 

Kann sich der Verein an seinen Vereinsmitglieder regressieren? 

Wenn ein Vereinsmitglied durch vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten dem Verein Schaden zufügt (z.B. durch Vertragsbruch, Missbrauch von Vereinsmitteln oder andere schuldhafte Handlungen), kann der Verein grundsätzlich Schadensersatzansprüche gegen das Mitglied stellen. Diese Ansprüche müssen auf einer Verletzung von Pflichten beruhen, die das Mitglied gegenüber dem Verein hat.
Dies gilt ebenso für Vorstandsmitglieder. Der allgemeine Grundsatz ist, dass die Vorstandsmitglieder nicht für die Schulden des Vereins haften. Wenn aber ein*e Verantwortliche*r der übertragenen Verantwortung nicht nachkommt, könnte diese*r direkt für Ersatzanspruch beansprucht werden.

Haften Rechnungsprüfer*innen auch? 

Ja! Sie haften wie Vorstandsmitglieder – jedoch grundsätzlich nur dem Verein gegenüber, nicht aber gegenüber Dritten. Um ihre Sorgfaltspflicht zu erfüllen, müssen Rechnungsprüfer*innen zum einen gewissenhaft kontrollieren, ob die Rechnungslegung ordnungsgemäß ist (z.B. ob die Einnahmen-Ausgaben-Aufzeichnung vollständig ist; Stichprobenmäßige Überprüfung ob Rechnungen in Ordnung sind und alle nötigen Informationen aufweisen), zum anderen ob die Mittel statutengemäß verwendet wurden. Für den Verein selbst ist bei Bestellung der Rechnungsprüfer*innen darauf zu achten, geeignete Personen auszuwählen, die über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen. 

Kann ich mich gegen Haftung versichern lassen? Greift hier die sogenannte D&O Versicherung?

Die D&O Versicherung ist eine Management Haftpflichtversicherung. Versichert ist nicht der Verein, sondern leitende Personen des Vereins. Sie ist sinnvoll, wenn sich der Verein in Bereichen bewegt, wo viel Geldbewegung vorhanden ist, bzw. bei Organisationen die sehr komplex sind. Generell sollte zuvor eine Risikoanalyse gemacht werden. Zu empfehlen ist, einen ensprechenden Versicherungsberater*in heranzuziehen. 

 

zum Beitrag: Rechtsauskunft: Haftungsfragen im Verein 
 

 

Petra Eckmayr  betreut die Mitglieder der IG Kultur und berät sie in allen Fragen rund um das Vereinsleben, z.B. in Vereins- und Steuerangelegenheiten, Arbeitsrecht und Fragen zur AKM.